Forstfelder Geschichte[n]
Forstfelder Geschichte im Web von Falk Urlen
Ein “offizielles Jubiläumsprojekt 2013” von “Kassel 1100” im Rahmen “Kultur im Kasseler Osten”
Home Überblick Geschichte Ansiedlungen Vereine Institutionen Personen/Gewerbe Impressum Junkers-Lager 1: Forstbachweg 2    Das Lager 1 der in Bettenhausen angesiedelten Junkers Werke (heute das Gelände der AEG) war ausschließlich für "Westarbeiter" vorgesehen. Franzosen, Belgier, Holländer und Luxemburger waren nachweislich dort untergebracht. Gemeinsam mit dem Junkers-Lager 2 gehörte es zu den großen Kasseler Lagern: in den 28 Baracken waren zur selben Zeit jeweils ca. 3000 Menschen untergebracht. Bei dem Luftangriff am 3. Oktober 1943 wurden die beiden Junkers-Lager erheblich zerstört.  Junkers Lager 2: Forstbachweg 4   Das Lager 2 der Junkers Werke war ausschließlich für Ostarbeiter (aus der Sowjetunion und Polen) eingerichtet worden. Es war von einem 2 m hohen Stacheldrahtzaun umgeben und von der Werkspolizei der Junkers Werke bewacht. Diese Werkspolizei arbeitete eng mit dem Sicherheitsdienst der Geheimen Staatspolizei zusammen; sie erhielt von diesem Weisungen. Die Arbeiter wurden in geschlossenen Kolonnen zur Arbeit geführt. "Strafmaßnahmen" sollen im Lager durchgeführt worden sein; diese reichten zu jener Zeit gegenüber den "Ostvölkern" vom Essensentzug bis zum Tod durch Erhängen.  Fieseler Lager 1: Lilienthalstraße am Sportplatz 03   Hierbei handelt es sich um das erste große Lager der Fieseler Werke in Bettenhausen. Es wurde im Jahre 1941 errichtet und unter der Bezeichnung  Lager Wartheland  geführt. Es befanden sich dort polnische und russische Zivilarbeiter (Männer und Frauen). Das Lager war von einem 2m hohen Maschendrahtzaun umgeben und wurde vom Werkschutz bewacht, der mit dem Sicherheitsdienst der Gestapo "zusammenarbeitete". Ein ehemaliger Bewohner des Lagers erinnert sich an die Ermordung (sog. "Exekution") eines Polen im Lager und die dabei gehaltene Rede eines Betriebsführers. Kurzfristig  wurden 1942 und 1943 "Westarbeiter" dort untergebracht. Fieseler Lager 2: Nürnberger Str.    Beim Lager in der Nürnberger Straße (an der heutigen Bundesstraße 83 gelegen), auch Lager Waldau  genannt, handelte es sich zunächst um einen Teil des  Lagers Wartheland, das so "erweitert" werden sollte. Im April 1943 kamen Holländer, Belgier und Franzosen vom Lager Wartheland  hierher; somit wurde es ein reines "Westlager". Nach einem schweren Luftangriff am 30. Juli 1943 wurde das Lager Waldau wiederaufgebaut und hat bis Kriegsende bestanden.  Spinnfaser A. G. Lager 1: Lilienthalstraße    Es hat sich um ein Lager für "Ost"- und "Westarbeiter" gehandelt, das sich in unmittelbarer Nähe der Spifa befand. Das Lager war bewacht und mit Stacheldrahtzaun umgeben. Es wurde 1943 bei einem Luftangriff zerstört.  Spinnfaser A. G. Lager 3: Am Eichwald    Es handelte sich um die sogenannten  Eichwaldbaracken. Das Lager war ausschließlich für "Westarbeiter " vorgesehen, die sich relativ frei (keine Bewachung) bewegen konnten. Es lag unmittelbar an der Losse. Ein kleineres Lager 2 der Spifa befand sich in der Ochshäuser Straße 31-43.  Lager Dianawerk: Windhukstr. 38    Das Lager war für "Ostarbeiter" und für "Westarbeiter" eingerichtet und mit einem Stacheldrahtzaun umgeben. Von Misshandlungen im Lager berichtet eine Polizeimeldung aus der Nachkriegszeit. Ausländerlager im Forstfeld im Zweiten Weltkrieg Falk Urlen Aus einer Studie von Dietfried Krause-Vilmar von der Universität Kassel im Rahmen seiner Nationalsozialismusforschung, die im Internet veröffentlicht war, gebe ich die folgenden Passagen wider: Die folgenden Passagen entnehme ich dem Werk: "Das war das 20. Jahrhundert in Kassel" aus dem Wartberg-Verlag. Hierin schreibt Claudia Hohmann u. a.:  "Seit April 1940 galt für alle Polen der Jahrgänge 1915 bis 1925 die Arbeitspflicht in Deutschland, die später auch auf andere Nationalitäten ausgedehnt wurde. Viele von ihnen wurden gewaltsam aus ihren Dörfern geholt, nach Deutschland gebracht und zum Arbeitseinsatz in der Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft gezwungen. Sie mußten zehn bis zwölf Stunden an sechs Tagen in der Woche für einen Hungerlohn arbeiten, wurden in Baracken und Behelfsunterkünften untergebracht, waren schlecht verpflegt und gekleidet. Das Essen bestand meist aus dünner Kartoffel- oder Steckrübensuppe, die in Kübeln zubereitet und in Blechnäpfen ausgegeben wurde. Meist gab es nicht einmal Brot. Die Baracken waren überbelegt und voller Ungeziefer. Infektionskrankheiten breiteten sich aus, die medizinische Versorgung war völlig unzureichend. In Kassel existierten nachweislich mindestens 200 solcher Unterkünfte. Am schlimmsten war die Lage für die Zwangsarbeiter aus Osteuropa. Durch die Polenerlasse vom März 1940 (und die Ostarbeitererlasse von 1942) wurden Menschen gezwungen, wie später auch die Juden, eine Kennzeichnung zu tragen, ein "P" beziehungsweise "Ost". Sie wurden schlechter als andere mit Lebensmitteln versorgt, erhielten einen geringeren Lohn und hatten keinerlei Arbeitsrechte. In den 80er Jahren wurden Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiter protokolliert. Ein gebürtiger Pole, Herr Z., der im März 1940 als Zwangsarbeiter nach Kassel kam, erinnerte sich an seine Ankunft am Kasseler Hauptbahnhof, von wo aus er und seine Landsleute mit Lastwagen in das Lager Struthbachweg/Holländische Straße transportiert wurden. Unter den Ankömmlingen war ein Pole mit Hafersack und Peitsche in der Hand, ein Kutscher, den man in Warschau eingefangen hatte... Die Zustände im Lager beschreibt der Zwangsarbeiter als chaotisch. Es herrschte Wassermangel und die Aufseher quälten die Insassen mit Schikanen und Schlägen. Kontakte zwischen den einzelnen Gruppen im Lager wurden unterbunden, Kontakte zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Lagerinsassen wurden ab 1940 unter strenge Strafe gestellt. Ein holländischer Zwangsarbeiter bestätigt, dass es den Polen besonders schlimm erging: "Der Pole war kein Mensch in den Augen der Deutschen." Im Sommer 1940 ließ die Geheime Staatspolizei Kassel ein Arbeitserziehungslager für Schutzhäftlinge in der Landesarbeitsanstalt Breitenau einrichten. Das Lager war als Vorstufe eines Konzentrationslagers anzusehen. Die Häftlinge waren zum größten Teil Polen und Juden, aber auch Russen, Franzosen, Holländer, Belgier, Tschechen und Italiener waren unter den Gefangenen. Es handelte sich um Zwangsarbeiter, die seit Beginn des Krieges nach Deutschland geschafft und in der Industrie und Landwirtschaft eingesetzt wurden. Nach Kassel kamen die ersten Zwangsarbeiter 1940. Wer die verlangte Arbeitsleistung nicht erbrachte, wurde als Arbeitsverweigerer eingestuft und ins Lager überstellt. Ein Teil der Häftlinge wurde nach drei bis vier Wochen an ihren Arbeitsplatz zurückgeschickt, andere kamen in Konzentrationslager. Unter den Gefangenen waren auch Frauen, "weibliche Schutzhäftlinge".  Einen anderen Hinweis entnehme ich dem Kapitel "Nationalsozialismus - Widerstand" aus dem Büchlein "Bettenhausen" aus dem Wartbergverlag , S. 107 f: Hier wird ein Bericht aus dem Buch "Volksgemeinschaft und Volksfeinde", ebenfalls aus dem Wartbergverlag zitiert, in dem beschrieben wird, wie im Juni 1944 zwei polnische Zivilarbeiter von Henschel bzw. der Spinnfaser AG im Eichwald durch Erhängen hingerichtet wurden. Anschließend wurden die in Kassel beschäftigten polnischen Zivilarbeiter in kleinen Gruppen an den Hingerichteten vorbeigeführt.  Im gleichen Buch wird beschrieben, wie zwei holländische Zwangsarbeiter vom damaligen Direktor der Lindenberg-Molkerei vor der Gestapo versteckt wurden, und ihnen so das Leben gerettet wurde. Aus der katholischen Kirchengemeinde St. Kunigundis (aus der später unsere St. Andreas Gemeinde abgetrennt wurde) berichtet das Buch, das nach festgestelltem Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1942 Pater Schmidt festgenommen und nach Dachau deportiert wurde, er überlebte zwar,  aber als schwer kranker Mann kam er zurück. Der Pallotiner Bruder Johann hatte Freunde und Unterstützung in St. Kunnigundis, er wurde von den Nazis verhört und verhaftet und in die Junkers Flugzeugwerke dienstverpflichtet. Wegen "zersetzender" Äußerungen wurde er von einer Angestellten des Werkes angezeigt, am 30. Juni 1944 verhaftet und nach einer Verurteilung durch Freisler wegen "Wehrkraftzersetzung" im November 1944 in Berlin mit dem Fallbeil hingerichtet.
Wir Schaffner hatten Angst vor den Frauen, wenn wir ins Erlenfeld fuhren
Cornelis G von den Nieuwendijk berichtet von seiner Zeit als Fremdarbeiter bei der KVG     
Zwangsarbeiter am Band arbeiteten hauptsächlich kolonnenmäßig und hatten wenig Gelegenheit, mit der Bevölkerung Kontakt zu bekommen. Aber 300 Straßenbahner waren eine psychologische Gefahr. Es waren immerhin 200 bis 300 Männer, davon nur ein Teil verheiratet, viele flotte gutaussehende Großstädter, die da auf die holde Weiblichkeit der Stadt Kassel losgelassen wurden, 10 bis 12 Stunden täglich. Besonders die Fahrer standen im Blickpunkt der Interessen. Die Dienstfahrpläne begünstigten auch darüber hinaus die Kontakte mit den Fahrgästen'. Fast jeder Fahrer oder Schaffner hatte seine feste Kundschaft. Im Omnibusbetrieb über Land war das noch ausgeprägter. Die Fahrgäste kannten mitunter die Pläne besser als das Personal. Und so kam es, ob nach Nieste, Münden, Witzenhausen, Großalmerode, Heisa, Kaufungen, daß es hieß, heute sind die Holländer dran, die nehmen uns mit. In überfüllten Bussen quälten sich die Schaffner dann ab, die Tasche offen, damit evtl. die Lebensmittelmarken, Zigaretten, „Ahle" Wurst Platz fanden, das war nicht immer so, aber man sollte planen. Es waren trotzdem keine paradiesischen Zustände, aber es half, den Überlebensprozess zu begünstigen. Das Liebes- und Sexualleben florierte, oft unter merkwürdigen Umständen. Hier nur einige Geschichten. Die Linie 9, Wolfsanger-Niederzwehren muß am Goldbach rangieren. In der Unterführung bleibt der Wagen mit Fahrer und Schaffnerin stehen, und die haben ihren Spaß, bis die 7 von Baunatal kommt. Heftiges Klingeln hilft nicht, der Holländer und seine BDM-Maid halten durch bis zur Zufriedenheit. Der Fahrer der 7 wollte es vorzeitig beenden, gab aber auf. In Nieste zählten die 14-jährigen Schülerinnen morgens in der Scheune an der Endstation die Kondome. Die Anhänger der Omnibusse waren uralt, klapprig und schaukelten bis zu einem Meter aus der Spur. Auf der Heimfahrt von den Dörfern passierte es öfter, dass die Beiwagen leer waren oder nur mit einem weiblichen Fahrgast besetzt war. Die suchte dann ihre Freude. Es passierte dann, dass der Fahrer anhielt, sich in den Beiwagen begab und die Freuden vollendete. Im Winter in Kirchditmold an der Endhaltestelle war auch so eine beliebte Stelle. Es gab Omnibuslinien bis 43, die direkt den Schaffnern Angst einflößten, z. B. mittags eine Linie zum Erlenfeld, ab Hallenbad und ab Leipziger Platz zur Eichwaldsiedlung. Beide Linien wurden fast nur von berufstätigen Frauen frequentiert. Das war die Schattenseite. In dem übervollen Bus vom Hallenbad nach Erlenfeld (Afrika im Volksmund genannt), war es fast unmöglich für den Schaffner durchzukommen, ohne irgendwelche Blessuren davonzutragen. Von der Seite und von vorne griffen die Weiber an die Hoden, und das mitunter ziemlich schmerzhaft. Anzügliche Angebote waren Tagesgespräch, und es hatte keinen Sinn, sich bei den Aufsichtsbeamten zu beschweren, die schauten höchstens mal bei der Abfahrt zu, aber mitfahren taten sie nicht. Die Linie in den Eichwald war nicht viel besser, aber da hatte ich einmal folgendes Erlebnis. Ein Kollege, ein Halbblut aus Rottderdam, ehemaliger Steward auf der Schiffsfahrtlinie Rotterdam-Indonesien, damals Niederl. Ost Indien mit Batavia (jetzt Jakarta) als Hauptstadt, war diensttuender Schaffner. Der Bus war voll mit Frauen, ich hatte frei und wollte ins Eichwaldlager. Mein lieber Kollege Jan hielt einen Vortrag über Oralverkehr mit „Soixanteneuf" als Zugabe. Wie herrlich diese Praktiken waren und dass viele deutsche Frauen um den Genuß hiervon gebracht wurden. Hochrote Köpfe, Grinsen, aber keinerlei Proteste. Viele fuhren weiter, als sie wollten. Jan hat nach dem Kriege eine Frau aus dem Eichwald geheiratet!    Verwicklungen gab es immer wieder. Ein Omnibusfahrer, der in Lutterberg stationiert war, wurde des Dorfes verwiesen, weil er ausgerechnet mit der einzigen Tochter des NS-Gruppenleiters ein Techtelmechtel angefangen hatte. Das ging dem Vater doch zu weit. Seine Tochter mit einem „tu nicht gutaussehenden Holländer". Der wurde in ein anderes Dorf versetzt und am 18. August 1944 Vater (ich kenne das Datum, weil meine Frau an dem Tag Geburtstag hat). Er hat dann nach dem Kriege die junge Mutter in Holland geheiratet, nachdem ich sie mit Sohnemann illegal über die Grenze gebracht hatte und genau 9 Monate nach dem Grenzübergang wurde er wiederum Vater.
Möchten Sie die Lebenserinnerungen von Cornelis G. von den Nieuwendijk als Fremd- bzw. Zwangsarbeiter  bei der KVG lesen, können Sie ihn sich als PDF-Datei herunterladen: “Ab nach Kassel - ohne retour”  
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Dies ist ein Buch zum Mitmachen (Meistens Stand 2002)! Bitte aktualisieren Sie es oder informieren Sie mich über Fehler!