Forstfelder Geschichte[n]
Forstfelder Geschichte im Web von Falk Urlen
Ein “offizielles Jubiläumsprojekt 2013” von “Kassel 1100” im Rahmen “Kultur im Kasseler Osten”
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Gerhard Fieseler und die Fieseler-Flugzeugwerke-GmbH Falk D. Urlen
Der im Jahre 1896 in Glesch im Kreis Bergheim a. Rh. geborene Sohn eines Bonner Buchdruckereibesitzers, Gerhard Fieseler, nahm im Ersten Weltkrieg an der mazedonischen Front als Jagdflieger teil und schoss unter dem Namen "Tiger" 22 Gegner ab. Nachdem ihn seine Nachkriegstätigkeit als Druckerei-besitzer in Eschweiler nicht befriedigte, ging er 1926 als Teilhaber und Fluglehrer zu den Raab-Katzenstein-Flugzeugwerken in Kassel-Bettenhausen. Mit einer 120 PS "Schwalbe" entwickelte er hier den Kunstflug zur meisterlichen Reife. 1927 führte er beim Internationalen Schaufliegen in Zürich elf Minuten lang kühne Figuren in Rückenlage vor und arbeitete sich damit in die Weltklasse der Kunstflieger vor. Bereits 1928 ließ er sich nach eigenen Plänen ein spezielles Kunstflug-Flugzeug, die 240 PS starke F-1 "Tigerschwalbe", bauen. Das durch den Kunstflug verdiente Geld legte Fieseler für die Gründung eines eigenen Werkes zurück. Am 1. April 1930 erwarb er den bisher von Fritz Ackermann in Ihringshausen betriebenen "Kegel-Flugzeugbau Kassel", aus dem verschiedene erfolgreiche Segelflugzeuge der "Kassel"-Reihe hervorgegangen waren. Fieseler änderte den Namen in “Segelflugzeugbau Kassel”, es wurden besondere Bauaufträge ausgeführt, so das "Musterle" von Wolf Hirth und von Kronfeld die "Wien" und das bisher größte Segelflugzeug der Welt, die "Austria" mit 30 m Flügelspannweite. Mit diesem Fluggerät überflog Robert Kronfeld am 20.06.1931 als Erster den Ärmelkanal hin und zurück. Trotzdem wäre das Werk in der Zeit der Wirtschaftskrise nicht lebensfähig geblieben, hätte nicht Fieseler den Kunstflug ganz in die Sache seines Werkes gestellt. Damals hieß es: "Fieseler hat sich ein ganzes Werk erflogen." 1932 entstand bereits im eigenen Werk als eine Konstruktion von Schüttkowsky seine berühmteste Kunstflugmaschine, der F-2 "Tiger" mit 340 PS-Pollux-Motor, mit dem er 1934 die Weltmeisterschaft gewann. Die mit diesem Titel verbundenen 80000 Goldmark versetzten die Werke Fieselers in die Lage, ihr Produktionsprogramm zu erweitern. Fieseler selbst zog sich vom Kunstflug zurück und widmete sich ganz dem Bau von preiswerten Sportflugzeugen. Zuerst war bereits die F-3 "Wespe" nach Plänen von Lippisch entstanden. Da aber diese schwanzlose Konstruktion mit zwei in Tandemanordnung untergebrachten 90 PS-Pobjoy-Motoren fliegerisch nicht den Erwartungen entsprach, wurde die Entwicklung abgebrochen. Ebenfalls erwies sich die auf der DELA 1932 ausgestellte zweisitzige Sportmaschine F-4 mit einem 35 PS-Argus As 16-Boxermotor als ein Fehlschlag. Erst die nächste Konstruktion, die mit einem 65-PS-Hirth-Motor ausgerüstete F-5, wurde ein voller Erfolg, denn es liefen so viele Bestellungen ein, dass der Serienbau aufgenommen werden konnte. Fieseler vergrößerte seine Belegschaft  innerhalb weniger Tage auf 200 Mann und konnte bis zum Deutschlandflug 1933 im August des Jahres innerhalb von sieben Wochen noch acht F-5 an den Start bringen. Die F-5 wurde auch später in der verbesserten Ausführung Fi 5 R mit 80 PS in größeren Serien erstellt. Nach der F-6, eine mit geänderten Flügel- und Leitwerksflächen versehene    F-5, begann mit der Fi 97 das neue, vom RLM kontrollierte Entwicklungsprogramm, aus dem die erfolgreichste und bekannteste Fieseler-Schöpfung hervorging, der Fi 156 "Storch". Der "Storch", ein propellergetriebenes Flugzeug, flog erstmals 1936. Er wurde eingesetzt als Verbindungs– Beobachtungs– und Sanitätsflugzeug. Seine Vorteile waren die ausgezeichnete Rundumsicht durch die großzügig verglaste Kabine und vor allem die guten Langsam– und STOL (Short Take- Off and Landing)-Eigenschaften.(die Mindestfluggeschwindigkeit lag unter 50 km/h; zum Starten reichten bei Gegenwind 50 m, zum Landen 20). Bei entsprechendem Gegenwind konnte die Maschine in der Luft stehen.  Gebaut wurden bis Kriegsende ca. 2500, viele davon in Frankreich und später auch in der Tschechoslowakei. In der Sowjetunion gab es einen Nachbau. Eine Weiterentwicklung war die FI 256, der "Superstorch", von dem nur 10 Stück gebaut wurden. Während die FI 156 drei Sitze hatte (Pilot und 2 Passagiere), war die FI256 ein Fünfsitzer.   Ebenfalls bei Fieseler, dessen Werk am 1. April 1939 in Gerhard Fieseler Werke GmbH umbenannt worden war, entstand die Fi 103, der Prototyp der später unter dem Namen "V1" bekannt gewordenen fliegenden Bombe. Aus dem Internet entnahm ich dazu die folgenden Informationen:  Der pilotenlose Flugkörper wurde durch den Flugzeugkonstrukteur Robert Lusser 1942 in den Fieseler-Werken in Kassel entwickelt. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der an der Entwicklung mitgewirkt hat, erzählte, dass die V1 im Werk 1 an der Lilienthalstraße, direkt an der Mauer zur Spinnfaser, entwickelt worden ist.  Der Flugkörper hatte einen flugzeugähnlichen Aufbau und konnte eine Geschwindigkeit von über 645 km/h erreichen. Im Prinzip eine größtenteils aus Holz gebaute, pilotenlos fliegende ungelenkte Bombe. Die Ursprünge gehen bis in die 30-er Jahre zurück, es handelte sich um ein petroleumbetriebenes  Staustrahltriebwerk. In den Jahren 1942/1943 wurde der ca. 8 m lange Flugkörper auf dem Versuchsgelände der Luftwaffe in Peenemünde-West erfolgreich erprobt. Der Start erfolgte über eine raketengetriebene feste Rampe, später über eine transportable Dampfkatapulteinrichtung (sogenannter Schleuderstart), er konnte aber auch von einem Trägerflugzeug erfolgen, z.B. vom Flugzeug HE-111. Das Abschussgewicht lag bei etwa 2200 kg, davon wog der Gefechtskopf ca. 800 kg und der Treibstoff ca. 1000 kg (je nach geplanter Reichweite), die Flughöhe betrug 300 bis 2000 m, die Herstellungskosten betrugen zwischen 1500 und 10000 RM, 280 Arbeitsstunden wurden zur Herstellung benötigt. Die Reichweite betrug zuerst 300 km, später 400 km; geplant war eine Reichweite von 500 km. Die Zielgenauigkeit lag bei einem bis zwei Kilometer. Als 1943 alliierte Luftangriffe auf deutsche Städte mehr und mehr den Charakter reinster Terrorangriffe gegen die deutsche Zivilbevölkerung annahmen, ging die Herstellung der V1 (Vergeltungswaffe 1) ab diesem Zeitpunkt in Serie. Die erste Serie von 500 Exemplaren wurde in Rothwesten unter größter Geheimhaltung gebaut. Die weiteren dann in Nordshausen, größtenteils von Zwangsarbeitern.  Wie mir jetzt ein ehemaliger Mitarbeiter der Fieseler-Werke berichtete, waren bei den Probeschüssen von Peenemünde in Richtung Bornholm einige V1 in Schweden angelandet, die dann nach den USA weitergeleitet wurden. So war dort die Technologie sehr früh bekannt. Aufgrund dieses Wissens wurde dann von deutscher Seite ein Aufschlagzünder eingebaut, damit die Versuchsgeräte bei Aufschlag auf dem Meer explodierten. Die Maschinen arbeiteten mit Kreiselkompassen und konnten  so programmiert werden, dass sie während des Fluges einen 90-Grad-Winkel flog, um zu verhindern, dass beim Einschlag die Abschussstelle festgestellt werden konnte. Der britische General Montgomery soll gesagt haben, dass es einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Krieges gehabt hätte, wenn die V1 9 Monate eher einsatzbereit gewesen wäre, weil inzwischen die Sammellager der Alliierten in England mit großen Netzen vor dieser Waffe geschützt worden waren.  Entwickelt worden war die Waffe 1943 entwickelt worden und von Goebbels in seiner Berliner Sportpalastrede vom 18. Februar 1943 angekündigt worden. Das Problem war nur, dass alle diese fliegenden Bomben, sofort nach dem Start ins Meer fielen. Nach ca. 3 Monaten erst fand man heraus, dass ein Zulieferer die Tragflächen zu schwach gebaut hatte, so dass sich diese beim Katapultstart verformten.  Viele Ausführungen zu Fieseler entnahm ich dem Internet, genauso die – eher zufällig – dass allein in den Kasseler Fieseler Werken ca. 6000 ausländische Arbeiter bzw. Zwangsarbeiter eingesetzt waren. Die älteren Bewohnerinnen und Bewohner der Forstfeldsiedlung, alles Mitarbeiter der Fieseler-Werke-GmbH, sprachen hierüber nicht in besonderer Form, für sie war das alles eine Selbstverständlichkeit. Erst im Buch von Wim de Vries las man von der z. T. wohl schlechten Behandlung, aus Siedlerkreisen hörte ich auch einmal von einer solchen, die es sicher gegeben haben wird. Ein Mitarbeiter erzählte mir aber auch, wie er den Leuten, für die er zuständig war,  heimlich Brot brachte. Er war zuständig für drei Gruppen mit drei Vorarbeitern, die Zwangarbeiter dafür einsetzen mussten, jeden Abend die Benzintanks der Flugzeuge in den Hallen zu entleeren, damit es bei Angriffen nicht zu größeren Bränden kam. Für diese wäre es ein leichtes gewesen, mit etwas Putzwolle die Leitungen zu präparieren, damit die Flugzeuge bei der Überführung abstürzten, was auch geschehen ist. Er verstand deshalb auch nicht, wie Kollegen von ihm diese Leute schlecht behandelten konnten, da diese die Möglichkeit hatten, riesige Schäden anzurichten. Nach dem Krieg suchten diese Arbeiter in seinem Dorf einen seiner Kollegen, der sich versteckt hielt, sie wollten ihn in der „Jauchegrube“ zu ertränken.  Die Fieseler-Werke standen bei der Royal Air-Force ganz oben auf der Liste der zu zerstörenden deutschen Fabriken – schon wegen der V1. Die Fieseler-Werke wurden nur gering zerstört. Sie produzierten inzwischen auch in Lizenz Flugzeuge vom Typ Focke-Wulf 190-A8, aber auch A3 und D9.  Große Teile des Werks wurden dann teilweise nach Schreufa in der Nähe Frankenbergs und an sechzig weitere Standorte ausgelagert, nachdem die Amerikaner mit ihren fliegenden Festungen (B24, B17) auch am Tag flogen und wesentlich höhere Trefferquoten erreichten. Am 19. Februar 1944 setzten sich in Kassel LKW-Kolonnen in Fahrt, die alle für die Produktion notwendigen Maschinen geladen hatten. Sie wurden in Fabriken verlegt, die bisher Gebrauchsgüter  herstellten, und begannen bereits 24 Stunden nach der Anlieferung mit der neuen Produktion. Allein in Schreufa wurden in einem ehemaligen Werk von Stuhlmöbeln 22 Flugzeuge vom Typ FW 190 A8 täglich montiert, und das in Schichten von 12 Stunden am Tag und von 72 Stunden in der Woche.  Insgesamt produzierte Fieseler 1941 590, 1942 671, 1943 1096 und 1944 1146 Flugzeuge. Daneben wurden Flugzeugteile produziert und Reparaturen durchgeführt. Dementsprechend waren auch die  Luftangriffe: 1943: 28.07, 30.07, 03.10, 22.10; 1944: 19.04., 22.09. 27.09. 28.09, 02.10. 07.10. 18.10. Fieseler selbst war zu diesem Zeitpunkt aber schon nicht mehr Betriebsführer in seinem eigenen Werk. Am 29.03.1944 hatte ihn die Parteiführung wegen "Nichteinhaltung eines Liefertermins" und wegen "Spannungen zur NSDAP" abgesetzt. Darin sieht man aber auch, wer in den Rüstungsbetrieben das Sagen hatte - die Eigentümer gaben wahrscheinlich nur noch ihren Namen. Nachdem von Staats wegen ein neuer Betriebsleiter eingesetzt worden war, wurde die Produktion verdoppelt. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der 1936 bei Fieseler als Lehrling begonnen hatte und der später die erste V1 abschoss, versicherte mir, dass Fieseler, solange er die Möglichkeit dazu hatte,  immer darauf geachtet habe, mit den Arbeitern menschlich umzugehen. Ihm gegenüber soll Fieseler schon 1943 die Frage gestellt haben, bei wem sie nach dem Kriege arbeiten würden, bei den Amerikanern oder bei den Russen. Das zeugt von einem Vertrauensverhältnis, denn wäre diese Einstellung bekannt geworden, wäre es Fieseler wahrscheinlich schlecht ergangen. Zwangsarbeiter selber (Wim de Fries) äußern sich über die Behandlung anders. Die ganze Wahrheit werden wir nie herausbekommen, weil sich viele Menschen in dieser Zeit -  wie ich bei unseren Recherchen immer wieder feststellen musste - angepasst und verstellt haben, anpassen und verstellen mussten, allein schon, um die Familie nicht zu gefährden oder um nicht als „unzuverlässig“ eingestuft zu werden.  Der ehemalige Mitarbeiter meinte, angesprochen auf unmenschliche Behandlung der Zwangsarbeiter, dass das nach dem Ausscheiden Fieselers als Betriebsführer gewesen sein müsse, Fieseler hätte so etwas immer verhindert. .  Weh tat es dem zitierten Mitarbeiter, als dann 1945 von einem Tankwagen Benzin in die Werkshallen gepumpt wurde und ein deutscher Soldat mit einer Leuchtpistole alles in Brand setzte, um nicht dem anrückenden Feind funktionierende Fabriken zu hinterlassen.  Noch heute sind in den Grundbüchern der Häuser der ehemaligen Fieseler-Siedlung Vorkaufsrechte für die Firma Fieseler eingetragen, wenn die Eigentümer sie nicht bereits abgelöst haben. Man wollte damit erreichen, dass nur Mitarbeiter der Fieseler-Werke in diesen Häusern wohnen sollten. Fieseler selbst soll immer sehr stolz auf seine Siedlung gewesen sein. Heute gibt es noch die Fieseler Stiftung, die das verbliebene Vermögen verwaltet. Sie spendete ein Bronzehäschen für das Kunstwerk am Forstfelder Stadtplatz, so bleibt in Forstfeld eine Erinnerung an  Gerhard Fieseler bestehen.  Gerhard Fieseler starb am 1987 mit 91 Jahren. Dieses Bild ist ein persönliches Geschenk von G. Fieseler an Heinrich Peter Foto: Wikipedia, Flughafen Kassel-Calden 2010 Inhaltsverzeichnis
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