Forstfelder Geschichte[n]
Forstfelder Geschichte im Web von Falk Urlen
Ein “offizielles Jubiläumsprojekt 2013” von “Kassel 1100” im Rahmen “Kultur im Kasseler Osten”
Home Überblick Geschichte Ansiedlungen Vereine Institutionen Personen/Gewerbe Impressum Wilhelm Koch ein Landtagsabgeordneter aus Forstfeld Die folgenden Artikel entnahm ich der Nordhessischen Zeitung aus dem Jahr 1970. Der erste Artikel stammt von Klaus Becker, dem damaligen Chefredakteur der NHZ (Nordhessische Zeitung).  Die Zeitung aus 1970 stellte mir freundlicherweise Werner Wisniewski aus dem Kalkbergweg zur Verfügung. NHZ "Man muß sich persönlich engagieren..."  Viele Ratsuchende finden Hilfe bei ihrem Abgeordneten Wilhelm Koch Etwas fällt am Grundstück Wahlebachweg 143 in Kassel-Bettenhausen sofort auf: Die sonst üblichen Zäune gegenüber den Nachbargrundstücken fehlen vollständig. Doch der Hausherr lacht nur über die erstaunte Frage des Besuchers: "Was sollen hier Zäune? Ich lebe mit allen meinen Nachbarn in Frieden und außerdem führe ich sowieso ein Haus der offenen Tür!" Doch nicht nur zum Festefeiern kommen Freunde, Nachbarn oder auch ganz Unbekannte, sondern sie wissen, daß hier ein Mann wohnt, der die Arbeit für seine Mitbürger zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat: Wilhelm Koch, 48 Jahre alt, Stadtverordneter in Kassel und seit 1966 Mitglied des Hessischen Landtags. Am Temperament und an der Beredsamkeit des Abgeordneten kann man noch hin und wieder die südhessische Herkunft bemerken. Aber Wilhelm Koch ist seit 1947 fest in Kassel, der Heimatstadt seiner Frau, verankert. Geboren wurde er 1922 in Hanau. Hier absolvierte er die Volksschule und machte später seine Maurerlehre. 1941 wurde das Berufsleben unterbrochen: Als Pionier und später Sturmbootfahrer mußte Wilhelm Koch in den Krieg ziehen, der gerade besonders viele Angehörige seines Jahrgangs als Opfer forderte. Mit geringen Unterbrechungen lernte Wilhelm Koch die ganze Tragödie des Russland-Feldzuges kennen. Als junger Soldat machte er auch die Bekanntschaft seiner Frau. Das im Jahre 1943, als seine Einheit gerade zu Bergungs- und Aufräumungsarbeiten in dem von der Flutkatastrophe heimgesuchte Edertal eingesetzt war. Doch an ein gemeinsames Leben war zunächst nicht zu denken, denn nach Kriegsende begann für Wilhelm Koch die Kriegsgefangenschaft. Dreimal versuchte er, aus französischen Lagern zu fliehen; beim drittenmal gelang ihm endgültig der Sprung in die Freiheit. Da sein Vater noch wenige Wochen vor Kriegsende gefallen war, schlug sich Wilhelm Koch nach Kassel zu seiner Frau durch. Für ihn war das Jahr 1947 das Datum des völligen Neubeginns. "Was heißt überhaupt Demokratie? Was sind Gewerkschaften? Das waren die  Fragen, die wir uns stellten, wir, die wir bisher nur die NS-Diktatur kennen gelernt hatten. Für ihn  war es klar, daß wir die Chance des Neubeginns unserer politischen Ordnung nutzen mußten. Und so gehörte Wilhelm Koch, der sofort wieder seinen erlernten Beruf als Maurer aufnahm, zu den Männern der ersten Stunde in der Gewerkschaftsarbeit. Zunächst Jugendvertreter, dann Betriebsratsvorsitzender bei verschiedenen Firmen des Baugewerbes, das war der Weg, den das Mitglied der Gewerkschaft Bau - Steine - Erden einschlug. So lernte er die Probleme der Arbeitnehmer von der Pike auf kennen. Die Arbeit in der Sozialdemokratischen Partei begann für den zukünftigen Abgeordneten mit  seinem Eintritt in die SPD im Jahre  1956. "Ich habe erkannt, daß man die Interessen der Arbeitnehmer nicht nur in der Gewerkschaft vertreten sollte, sondern daß man dafür auch in der Partei aktiv sein muß." Mit der ihm eigenen Energie widmete sich Wilhelm Koch nun auch den Interessen der Bewohner seines Bezirks, der Siedlung Forstfeld in Kassel-Bettenhausen. Im Verwaltungsausschuß Forstfeld sorgte er für neue Impulse. Seit 1960 war er auch in der Stadtverordnetenversammlung vertreten, deren Bauausschuß er heute leitet. "Als ich meine Arbeit begann, war der Stadtteil Bettenhausen noch katastrophal unterversorgt mit weiterführenden schulischen Einrichtungen, es gab weder ein Gymnasium noch eine Realschule oder Förderstufe links der Fulda." Wilhelm Koch mußte in der eigenen Familie die Erfahrung machen, wie schwer es für Kinder aus dieser Gegend war, eine weiterführende Schule zu besuchen. Seine Tochter, die vor einigen Jahren das Abitur machte, mußte täglich viele Kilometer auf dem Weg in ihr Gymnasium im Kasseler Westen zurücklegen. Und auch der Sohn, der gerade in die Unterprima kommt, muß täglich einen beachtlichen Schulweg zurücklegen. Allerdings ist es uns gelungen, hier beachtliche Verbesserungen zu erreichen, die es immer mehr Arbeiterkindern möglich machen, weiterführende Schulen zu besuchen, betont der Abgeordnete und weist auf die mühselige Kleinarbeit hin, die zu diesem Zweck geleistet werden mußte. Besonders setzte er sich auch für den Ausbau des Sonderschulwesens ein. 1966 kandidierte Wilhelm Koch zum erstenmal im Wahlkreis Kassel-Ost für den Hessischen Landtag. Auf Anhieb gelang es ihm, 62 Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich zu vereinigen, das zweitbeste Ergebnis, das die SPD in Hessen erzielen konnte. In seinem unmittelbaren Wohnbereich waren es sogar 80 Prozent der Wähler, die sich für Wilhelm Koch entschieden, es war ein Beweis für das Vertrauen, das der Abgeordnete bei all denen genießt, die ihn näher kennen.  Ein Vertrauen, das er sich durch seine unkonventionelle und offene Art erworben hat. Wilhelm Koch ist als überzeugter Demokrat offen gegenüber allen gesellschaftlichen Fragen. Er findet schnell Kontakt zu seinen Gesprächspartnern, die spüren, daß hier ein Mann ist, der ihre Probleme ernst nimmt. Wilhelm Koch sucht auch das Gespräch über die Grenzen von Partei und Gewerkschaft hinaus. In einer reinen Arbeiterwohngegend, in der es die Kirche von jeher schwer hatte, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, stellte sich der Abgeordnete Koch gemeinsam mit dem jungen Pfarrer seiner Gemeinde einer Diskussion vor dem Altar über das Verhältnis der SPD zur Kirche.  "Aber es freut mich, daß auch in der Kirche Kräfte wirksam sind, die die gesellschaftlichen Probleme erkennen und nach Lösungen suchen." Wilhelm Koch verbringt jetzt seine Zeit zwischen Wiesbaden und Kassel. Als Mitglied des Sozialpolitischen und des Rechtsausschusses des Landtags kann er sich über mangelnde Arbeit in der Landeshauptstadt wahrlich nicht beklagen. Zudem ist er Vorsitzender des Unterbezirksausschusses, der sich mit dem Strafvollzug in Hessen beschäftigt. Hier gehört es zu seiner Aufgabe, die hessischen Strafanstalten zu überprüfen. Immer wieder wird mir dabei bewußt, wie weit wir noch von einem wirklich humanisierten Strafvollzug entfernt sind. Dabei ist die Wiedereingliederung der Strafgefangenen eine der wichtigsten Aufgaben - eine Aufgabe, die ganz im Interesse der Gesellschaft liegt.' Viele Ratsuchende Wenn er in Kassel ist, reißt die Kette der Ratsuchenden aus seinem Wahlkreis bei Willi Koch nicht ab. Persönliche Notfragen, Wohnungsprobleme, Rentenansprüche, Versicherungsfragen - das sind die Hauptthemen meiner Gespräche mit meinen Wählern. Vor allem älteren Wählern kann ich da manche Hilfe leisten. Aber auch junge Leute nehmen seine Hilfe in Anspruch. Ein Beispiel von vielen ist der Brief, den ein junger Mann an  den Abgeordneten Koch schrieb: "Ihr ganz persönlicher Einsatz  hat mir gezeigt, daß es auch in der heutigen Zeit noch Leute gibt, die nicht nur für eine Karriere arbeiten, die nur für sie lohnenswert ist. Vielleicht steht es mir nicht zu, so zu reden, aber dennoch wollte ich das abschließend noch einmal zum Ausdruck bringen ... " Für Wilhelm Koch ist dieser Einsatz eine Selbstverständlichkeit. "Man muß sich persönlich engagieren ... " Er sagt es einfach und ohne besondere Betonung vor sich hin, aber ihm glaubt man es.  Das Familienleben kommt dabei oft zu kurz, ja seine Frau muß ihm oft bei der Erledigung seiner Post helfen. Aber dennoch ist Wilhelm Koch kein verbissener Arbeiter, sondern weiß das Leben auch von seiner angenehmen Seite zu genießen. Ein Fest mit den Nachbarn in dem schönen großen Garten, ein Glas Wein, ein Schachspiel mit dem Sohn, aber auch  die Bastelarbeiten, bei denen der ehemalige Putzer und Stukkateur immer noch Ausgleich findet, sie gehören für Wilhelm Koch immer noch zu den angenehmen Seiten des Lebens. Und die Politik? Wilhelm Koch hat keinen Grund, skeptisch zu sein. Er kann bei den nächsten Wahlen  vor  seine Wähler treten und auf all das hinweisen, was er in Wiesbaden für sie geleistet hat. Und das tröstet ihn auch über manches hinweg, Freude am Erfolg ist doch ein Ausgleich für verlorene Freizeit. Wenn man merkt, daß sich die Gesellschaft zum Besseren wendet. Und dafür hat auch meine Familie Verständnis.  K. B. Jedesmal Freude auf das Wiedersehen In einer vom Hausherrn selbstgebauten Laube sitze ich mit Elfriede Koch, Frau des SPD-Landtagskandidaten für den Wahlkreis Kassel-Ost, und bewundere den gepflegten Garten. "Ja, die Gartenarbeit ist mein Hobby", sagt sie, "den Rasen mäht Peter, unser Sohn, aber alles andere mache ich. Ich liebe Blumen, und außerdem hilft mir die Gartenarbeit im Sommer über die Stunden des Alleinseins hinweg." Im Winter sei es schon schwerer. Sie zeigt auf die Untersetzer, auf denen unsere Weingläser stehen. Dann bastele ich zum Beispiel mit Peddigrohr." Ist es schwer für die Frau eines Politikers, soviel allein zu sein? "Zu Anfang schon, aber dann gewöhnt man sich an den anderen Lebensrhythmus. Wenn der Mann in seiner Aufgabe glücklich ist, ist es für die Frau auch leichter, sich damit abzufinden, daß sich das Familienleben seinen Platz zwischen den Terminen suchen muß." "Andererseits", Frau Koch lacht, "wenn man sich weniger sieht, kann man sich weniger streiten, und so freue ich mich nach 25-jähriger Ehe jedesmal  wie zu Anfang auf das Wiedersehen. Kommt mein Mann nach Hause, versuche ich, ihm alles so schön wie möglich zu machen, aber es warten ja meistens bereits wieder so viele Termine, daß wenig Zeit bleibt. Ich staune immer wieder, wie schnell es sich in Bettenhausen herumspricht, daß Kochs Auto vor der Tür steht, und dann kommen alle, die die Hilfe oder den Rat meines Mannes brauchen. Ich bewundere ihn, welche Geduld und welches Verständnis er aufbringt und wie sehr er sich bemüht, zu helfen. Er nimmt sein Amt sehr ernst, und sein Arbeitstag in Kassel dauert oft bis in die Nacht. Wenn er dann ein bißchen Zeit hat, setzt sich mein Mann zu mir und bespricht das eine oder andere Problem mit mir. Ich merke dann, daß ich ihm auf meine Weise vielleicht auch ein bißchen helfen kann." Peter kommt und stellt uns seinen marokkanischen Freund vor. Frau Koch bemuttert ihn, und er hat lange Zeit auch in der Familie gewohnt. Der junge Marokkaner ist froh, in der Fremde so herzlich aufgenommen zu sein. Es zeigt sich in unserem Gespräch immer wieder, daß die Eigenschaften, die Frau Koch an ihrem Mann besonders schätzt, Hilfsbereitschaft und Verständnis, auch bei ihr deutlich ausgeprägt, sind. Ich frage Frau Koch, welches sie als größten Vorzug ihres Mannes betrachtet, und ob er auch einen Fehler hat. Auf die erste Frage kommt die Antwort prompt: "Seine Toleranz." Bei der zweiten Frage zögert sie: "Einen richtigen Fehler hat er eigentlich nicht, höchstens... er ist ein Morgenmuffel. Aber darauf habe ich mich mittlerweile eingestellt, er braucht eben morgens eine längere Anlaufzeit." Früher hat Frau Koch ihrem Mann in der Partei- und Gewerkschaftsarbeit geholfen und jahrelang Beiträge per Fahrrad kassiert oder die Dörfer mit ihrem Mann bereist und in Wirtschaften oder alten Scheunen Filme vorgeführt. Heute kommt sie selten dazu, ihren Mann zu begleiten, denn der Garten und das Haus, in dem der Hausherr alles selbst gebaut und installiert hat ("er macht alles selbst, weil er wissen will, ob er es noch kann"), beanspruchen viel Zeit. Manchmal beneide ich andere Frauen, die mit ihren Männern mehr gemeinsam unternehmen können", sagt Frau Koch zum Abschied, es ist schon so lange her, daß wir zwei einmal allein zusammen ausgegangen sind; aber trotzdem würde ich meinem Mann immer wieder raten, den Weg des Politikers einzuschlagen, weil ich weiß, daß die Politik eine große Rolle in seinem Leben spielt, und ich möchte, daß mein Mann zufrieden ist."	 U. K. “Wenn wir spielen Seit’ an Seit’...  Die letzte Aufnahme von Wilhelm Koch, hier zusammen mit Maria Vater, seiner Nachfolgerin  im Hessischen Landtag.  Auf dem Schoß: Enkelin Sonja Foto: Hildegard Spitzer Inhaltsverzeichnis
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