Forstfelder Geschichte[n]
Forstfelder Geschichte im Web von Falk Urlen
Ein “offizielles Jubiläumsprojekt 2013” von “Kassel 1100” im Rahmen “Kultur im Kasseler Osten”
Home Überblick Geschichte Ansiedlungen Vereine Institutionen Personen/Gewerbe Impressum Städt. Siedlung Anfang der 60er Jahre Die Städt. Siedlung in den 50er-Jahren Blick vom Krichturm über die Städt. Siedlung 2009 Artikel v. 05.10.1949 in einer Kasseler Zeitung von Vinzenz Vim Streifzug durch einen unbekannten Stadtteil  Die Siedlung, die am härtesten betroffen wurde, trägt ihre berechtigten Wünsche vor "Afrika" heißt im Volksmund die  städtische Siedlung in Bettenhausen, wo man die Straßen nach deutschen Kolonien benannte, Togo, Windhuk und Lüderitz erinnern noch daran. In 220 Häusern leben 3000 Menschen, die einst in der umliegenden Industrie beschäftigt, heute größtenteils stempeln gehen müssen. Die Siedlung macht einen netten Eindruck, aber da leben in einer Wohnung drei Familien, da müssen Mutter, Tochter und der 15-jährige Sohn auf engstem Raum hausen. Auch sonst wird von wenig erfreulichen Bildern berichtet, wie sie die Wohnungsnot zur Folge hat. Hinzu kommt die Arbeitslosigkeit, die auf den meisten Familien lastet. In vielen Fällen sind Mieter nicht in der Lage, Miete und Lichtrechnung zu bezahlen. Allmählich aber verschwinden die Kriegsschäden aus dem Straßenbild, denn jeder ist bemüht, aufzuräumen, zu verbessern und zu verschönern. Auf dem Togoplatz werden sogar Siedlungshäuschen gebaut und das freie Feld in der Ochshäuser Straße ist zur Bebauung vorgesehen. Erstaunlich ist die Lebenskraft und der Lebensmut der Leute in der Afrikasiedlung. So haben sich kleine Geschäfte und Unternehmen gegründet, die ihren Besitzern ein ausreichendes Einkommen sichern. Da hat Marie Färber in Ihrer Wohnstube eine Gastwirtschaft eröffnet und schenkt von 7 Uhr morgens bis in die Nacht hinein aus. Wenige Schritte daneben hat Christian Dießler 1947 ein Lebensmittelgeschäft errichtet. 1943 in der Mühlengasse ausgebombt, baute Willi Diederich 1946 ein halbzerstörtes Siedlungshaus zur Fleischerei um, und auf der anderen Straßenseite verkauft H. Bayer Hühnerfutter für die Kleintierhalter. Ebenfalls mit Genehmigung der Gewobag richtete Ewald Ramfeld eine Molkerei mit Lebensmittelverkauf ein. Nette und Pape reparieren Schuhe, während einige "Figaros" für saubere Frisuren sorgen. Eins der interessantesten Unternehmen ist der "Tiroler Bierkeller" Heinrich Heiderichs, eines Schwerkriegsbeschädigten. Er war sein eigener Zimmermann, Maurer und Maler. Tag und Nacht arbeitete er an der Ausgestaltung des Kellerraumes, bis die ersten Gäste zu ihm hinabstiegen. Ein Durchbruch zum Nebenkeller soll die Bierstube noch vergrößern. Und wenn ich alles hübsch verkleidet habe, wird niemand merken, daß vorher Kartoffeln oder Kohlen darin gelagert haben, sagt Heinrich lachend. Er sei zwar Junggeselle, doch eine Wirtin werde sich finden lassen. Mit zwei Gesellen und zwei Lehrjungen versorgt August Eschstruth seit 1946 seine Kunden mit Fleisch und Wurst. Sein Geschäft am Westring fiel den Bomben zum Opfer. Nur eine Bäckerei gibt es nicht, doch liegt der Bauplatz schon bereit und wahrscheinlich wird ein Bäcker aus Lohfelden seinen Betrieb dorthin verlegen. Es ist auch notwendig, denn für die 5000 Bewohner der Siedlungen gibt es nur eine Bäckerei. Unter anderem haben wir auch mit Bezirksleiter Corthals über das gesprochen, was geschehen muß, um das Leben in dieser Siedlung, die zum Verwaltungsbezirk Waldau gehört, lebenswert zu machen. An erster Stelle steht dabei das Wohnungsproblem. Hinzu kommt der berechtigte Wunsch, nach einer besseren Verkehrsverbindung der Straßenbahn an den Sonn- und Feiertagen. Auch der Wunsch nach besserer Beleuchtung und einer Ausbesserung der Zugangsstraßen erscheint durchaus berechtigt. Denn nicht immer ist Mondschein und leicht kann es vorkommen, daß einer auf dem Wege zur Siedlung in eines der tiefen Löcher stürzt. Schließlich wünschen die Bewohner einen anderen Namen für ihren Bereich.; denn der Name "AfrikaSiedlung" wurde stets mit einem Augenzwinkern ausgesprochen. Und wer sie besucht hat weiß, daß ihnen die Zeitverhältnisse zwar große Sorgen und Nöte auferlegt haben, doch daß sie die Hände nicht in den Schoß legen. Und es scheint uns zweckmäßig, sie hierbei tatkräftig zu unterstützen. Und sei es, daß man fortan nur noch von der "Städtischen Siedlung" spricht.
Die Städtische Siedlung, Anfang der 50er Jahre (oben) und heute (unten), heute eine grüne Siedlung, dank vieler Beuys-Bäume aus den 80er Jahren.
Umbenennen von Straßen in der “Afrika”? 1938 meinten die Nazis, Deutschland müsste wieder Kolonien in Afrika haben. Um daran zu erinnern, wurden die neu angelegten Straßcn in der Städtischen Siedlung nach Namen, Plätzen oder Personen dieser Kolonien benannt. Gegen Namen wie Windhuk, der Hauptstadt von Namibia oder Togo, ein Staat in Westafrika läßt sich sicher nichts einwenden. Namen wie Lüderitz oder Wissmann aber stehen für den Betrug oder Mord an hundertausenden von Schwarzen. Hier sollte man wirklich überlegen, ob man solchen Menschen ein Denkmal setzen sollte. Die Wöhrmannstraße wurde sinnvollerweise gleich nach dem Zweiten Weltkrieg in Payerstraße umbenannt. Wöhrmann, ein Bremer Großreeder, war die treibende Kraft für den “Erwerb” von Kolonien in Westafrika, weil seine Schiffe die Einwohner u. a. mit dem begehrten Alkohol versorgte und er auf diese Weise viele Aufträge der Regierung, wie  z. B. Truppentransporte, die er zu erheblich überhöhten Preisen abrechnete, bekam.   Wollen Sie mehr über die Zusammenhänge zum Erwerb dieser Kolonien und zu den Vernichtungskriegen in diesen Kolonien wissen, können Sie sich meine Broschüre herunterladen, die ich schrieb, um meinen Antrag auf Umbenennung einiger Straßen vor dem Forstfelder Ortsbeirat zu begründen. Leider war das Unterfangen ohne Erfolg. Falk Urlen Inhaltsverzeichnis
Städtische Siedlung Falk Urlen
Die städtische Siedlung wurde in den Jahren 1937/38 durch die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel erbaut. Die Siedlung hieß zunächst offiziell "Siedlung an der General-Emmich-Straße”, dann “Siedlung an der Steinigk-Straße”. Im Volksmund war es die “Afrika-Siedlung, weil ihre Straßen größtenteils Namen aus den ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika tragen. Heute sprechen wir von der "Städtischen Siedlung", weil die Mietwohnungen im Wesentlichen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG gehören.  In den Jahren 1938/39, 1949/50 und 1953/54 wurde die Siedlung erweitert. Sie hatte vor dem Kriege 166 Häuser mit 589 Wohnungen. Während des Krieges wurden neun Häuser total zerstört. Am 1. Mai 1945 gab es in der Siedlung 157 Häuser mit insgesamt 535 Wohnungen, heute weist die Siedlung 233 Häuser mit 845 Wohnungen auf. Im Kasseler Architekturführer heißt es: "Kleinsiedlungsbau ist auch das Ideal des faschistischen Städtebaus, wie er in der "Afrikasiedlung" entsteht: Volkswohnungen in einfachen zweigeschossigen Häusern, ohne Bad und mit Ofenheizung sollen "dem minderbemittelten Volksgenossen eine angenehme Wohnstätte schaffen". Bis 1939 entstehen hier 462 Volkswohnungen, u. a. von Catta und Groth." 1954 wohnten in der Städtischen Siedlung 4009 Menschen, heute sind die Wohnungen vergrößert und modernisiert worden, so dass hier heute nur noch halb so viel Menschen wohnen. Als in den dreißiger Jahren der sog. "Freiheiter Durchbruch" -  in der der Näher der heutigen Kurt-Schumacher-Str.  - geschaffen wurde, brauchte man neuen Wohnraum. Viele dieser Menschen bekamen Wohnungen in der Städtischen Siedlung, darum hörte man hier noch lange den Kasseler Dialekt aus der Altstadt unverfälscht. In den 80-er Jahren machte diese Siedlung keinen guten Eindruck Geht man heute im Frühling durch die Städtische Siedlung, ist das ein sehr schöner Spaziergang. Die Häuser erhielten neue Fenster, Etagenheizungen, sie erhielten einen freundlichen Anstrich und gemütliche Regenschutzvorbauten  über den Eingangsbereich. Kleine Wohnungen wurden zu großen verschmolzen. Spielplätze wurden kinderfreundlich umgebaut.Von der "Afrika" ist  - außer bei einigen heute nicht mehr so ganz passenden Straßennamen - nichts mehr zu spüren. Zeitzeugin Gertrud Geier: Kindheit in der Windhukstr. 11   Ich bin 1935 in der Bremer Straße, gleich neben der Synagoge geboren. Weil wir eine kinderreiche Familie waren, ich hatte noch drei Schwestern, bekamen wir eine große Neubauwohnung in der Windhukstraße 11. Es waren drei Zimmer und eine Wohnküche mit ca. 50 m2 Fläche. Das bedeutete aber andererseits, dass unsere Wohnung in der Bremer Straße wesentlich kleiner gewesen sein musste.  Der hier abgedruckte Plan stammt aus dem Internet von einem Haus gleicher Bauart, welches im Augenblick zum Verkauf steht, das „Zimmer 1“ waren damals 2 Zimmer, das waren unsere Kinderzimmer.  1939 starb meine Mutter bei der Geburt des fünften Kindes. Wir bekamen dann eine Hauswirtschafterin, die auch wiederum einen kleinen Jungen mitbrachte (links im Bild neben meinem Vater).  Im Haus lebten noch zwei weitere Familien, zusammen auf ca. 140 m2 14 Menschen, die sich Anfang der 40er Jahre zu einem gemeinsamen Foto zusammenfanden. Die Wohnung im ersten Stock hatte den gleichen Zuschnitt, wie unsere Paterrewohnung, während unter dem Dach noch eine ganz kleine Wohnung war. Wir waren aber glücklich und zufrieden, wir Kinder fühlten uns wohl. Rund um die Häuser wurden in Gärten Gemüse angebaut, jeder hatte vor seiner Wohnung eine Parzelle von ca. 50 m2, in der auch noch Kaninchen gehalten wurden.  Zur Schule mussten wir dann in Bettenhausen, wir gingen die Ochshäuser Str. hinunter, überquerten die Leipziger Str. am Leipziger Platz und gingen dann in den Backsteinbau. Hier gab es eine Schule für Mädchen und eine für Jungen. Das war für uns Kinder ein weiter Weg, noch weiter war es für die Kinder, die auf dem Lindenberg wohnten. Heute hätten es die Kinder leichter, sie könnten mit Bus oder Tram fahren, aber das gab es ja noch nicht. In diese Schule ging ich bis zum 8. Schuljahr. Beim Großangriff auf Kassel saßen wir in dem kleinen Keller, das Haus an der Ecke zur Ochshäuser Str., hier war der Kaufmann Schlitzberger, wurde von einer Bombe getroffen. Einmal waren wir im Kaufhof, da gab es Fliegeralarm, im Kaufhof war kein Platz mehr im Keller, so mussten wir bis zum Weinberg, wir waren noch nicht richtig da, fielen schon die ersten Bomben. Danach gab es dann den Kaufhof nicht mehr. Wir Kinder hatten viel Angst. Hinter uns das Haus wurde auch getroffen, da wurden wir dann in ein Dorf in der Nähe von Hünfeld evakuiert. Hier mussten wir in der Landwirtschaft helfen und auch hier überraschte uns ein Tiefflieger. Weil es die anderen auch so machten, warf ich mich in einen Graben. Danach stellten wir fest, dass der Bauer und sein Pferd tot waren, er konnte nicht so schnell weglaufen. Ein in der Nähe stehender Rot-Kreuz-Zug wurde auch rücksichtslos angegriffen. Als ich dann nach dem Krieg die ersten Flieger sah, bekam ich wieder große Angst, wie immer noch dann, wenn die Sirenen ertönten. Ich wundere mich heute manchmal, wegen welcher Belastungen Kinder heute als traumatisiert gelten. Ich habe heute noch den Brandgeruch von damals in der Nase. Mein Vater heiratete dann wieder, er selber aber war im Krieg.  In der Windhukstraße wohnte auch eine Familie, die war wohl etwas asozial, wir Kinder riefen deren Kindern hinterher, wenn ihr uns was tut, dann sagen wir es unserem Vater und dann kommt ihr ins KZ. Wenn wir als Kinder so etwas riefen, dann wundert es mich heute immer noch, wenn einige Menschen, die damals hier wohnten, behaupteten, sie hätten von den ganzen Gräueltaten der Nazis nichts gewusst. Auch am Wahlebach war ein Zwangsarbeiterlager, hier waren Russen in schwarz-weiß gestreiften Anzügen und bettelten uns um Kartoffelschalen an. Sie schnitzten Gegenständen, verzierten diese mit Brandmalereien und wollten diese gegen Nahrungsmittel tauschen, was natürlich streng verboten war.  Als die Amerikaner dann da waren, gab es abends ab 18 Uhr eine Ausgangssperre, eine Nachbarin wollte da nur mal über die Straße gehen, um eine Nachricht zu überbringen, schon wurde sie von der Polizei eingesperrt. Plünderungen gab es auch, die Deutschen mussten aus ihren Wohnungen, dann nahmen sich die Soldaten, was sie für wertvoll hielten oder was sie gebrauchen konnten. Hühner wurden weggefangen und gebraten.  Eine Gaststätte gab es bei uns dann nach dem Krieg in einer Baracke, die an der Ecke Söhrebahn/Ochshäuser Str. stand. Das Bild der Wirtin habe ich noch, der Wirt eröffnete später dann eine Gaststätte am Entenanger.  Ich musste dann, als mein Vater wieder aus dem Krieg zurück war, immer mal wieder für ihn ins Lettenlager, um Zigaretten zu kaufen, eine kostete 5 Reichsmark, das Geld war ja nichts mehr wert. Wir gingen dann einfach über die Söhrebahn, das Lager war ja nicht eingezäunt, und kunkelten mit den Bewohnern, die von den Amerikanern ernährt wurden und dadurch mehr hatten als wir. Andere nannten so etwas „Schwarzmarkt“. Unser Aktionsradius war riesig, wir spielten im Eichwald, aber auch in den Fieseler-Werken 1 und 2, im letzteren pflückten wir Äpfel oder wir stoppelten Kartoffel in Waldau. Im Winter fuhren wir Schlitten durch die Eisenhammerstr., weil die so schön steil war. Wir legten auch Schottersteine auf die Söhrebahnschienen, um zu sehen, was passiert. Nachdem dann der Lokführer uns entdeckte und mit glühenden Kohlen nach uns warf, machten wir es nicht mehr.  1949 wurde ich in der Erlenfelder Barackenkirche von Pfarrer Laaf konfirmiert und lernte dann in Vollmarhausen bei der Firma Geis & Co., einer Wäschenäherei. Dorthin fuhr ich täglich mit der Söhrebahn. Bewohner der Windhukstr. 11 Erste Schritte auf der Ochshäuser Str. in den 50ern Die große Wohnung mit 49 qm In den 40er-Jahren waren in der Ecke Ochsh. Str./Wissmannstr. Baracken für Zwangsarbeiter. In einer dieser Baracken etablierte sich dann nach dem Krieg eine Gastwirtschaft. Die Wirtin mit der damals modernen Hochfrisur läßt sich stolz fotografieren. Wirtin in der Städt. Siedlung
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